Die Arbeit im Büro ist nur scheinbar unbedenklich für die Gesundheit. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass unser Körper gar nicht dafür geeignet ist und einen permanenten Ausgleich benötigt, um bleibende Schäden an Leib und Seele zu verhindern. Dieser Artikel ist vielleicht das letzte Zünglein an der Waage, um Sie zu einem ausgeglichenen und gesunden Leben zu motivieren.

„Alles ist schon einmal gesagt worden, aber da niemand zuhört, muss man es immer wieder von neuem sagen.“
André Gide

So ist es und mit diesem Artikel wird es nicht anderes sein, denn diesmal geht es um das immer wiederkehrende Thema: Gesundheit. Es geht nicht nur um die Gesundheit im Büro, denn im Gegensatz zu den vielen Geräten, mit denen wir unser Leben umgeben, können wir unser geistiges und körperliches Wohlbefinden, nicht abschalten, wenn wir Feierabend haben. Es begleitet uns unser ganzes Leben lang und bestimmt im hohen Maße dessen Qualität.

Eine Investition

Man kann die Gesundheitsvorsorge als eine Investition oder eine Art Versicherung sehen. Sie kostet Zeit und Geld. Da Zeit bekanntlich Geld ist, kostet sie also sogar Geld zum Quadrat. Und solange man sich topfit fühlt, sieht man wenig Sinn dafür unnötig wertvolle Ressourcen zu opfern. Das Perfide an der Situation ist, dass je länger man zögert, desto teurer wird es am Ende. So wie es Voltaire treffend sagte: „In der ersten Hälfte unseres Lebens opfern wir unsere Gesundheit, um Geld zu erwerben, in der zweiten Hälfte opfern wir unser Geld, um die Gesundheit wiederzuerlangen.“

Gesundheitsrisiken im Büro

In unserer Firma bin ich der Sicherheitsbeauftragte und deswegen liegt mir die Gesundheit der Menschen am Arbeitsplatz besonders am Herzen. Immerhin verbringen wir durchschnittlich die Hälfte unserer wachen Zeit in der Arbeit.

Von außen betrachtet scheint es im Büro wahrlich ein laues Leben zu sein, das wenig Gesundheitsrisiken birgt: man sitzt auf einem bequemen Stuhl, kann jederzeit essen und trinken und hat sogar ab und an Zeit für ein Schwätzchen mit den Kollegen. Mittlerweile wissen aber die meisten Menschen, dass gerade hier sehr viele Gefahren für die Gesundheit lauern und zwar sowohl für den Körper als auch für den Geist. Tatsächlich ist unser Leib für diese Art von Tätigkeit überhaupt nicht geschaffen und so bedarf er des regelmäßigen Ausgleichs. Ich werde in den folgenden Abschnitten einzeln auf die Probleme eingehen und Vorschläge zur Vorsorge machen.

Letztendlich bleibt es aber an Ihnen sie auszuführen. Natürlich weiß man das alles, aber solange man es nicht in die Tat umgesetzt hat, weiß man eigentlich nichts – nichts darüber, ob man die nötige Disziplin aufbringen kann, welche Auswirkungen es auf den Körper, Geist und Tagesablauf hat, und wie die Menschen in Ihrem Umfeld auf diese Veränderungen reagieren.

Man muss wohl oder übel über den eigenen Schatten springen und es einmal ausprobieren, trotz aller Hindernisse und Ausreden, die einem sofort einfallen. Dabei sollte man auf keinen Fall den Bogen überspannen. Verbannen Sie Ihren Ehrgeiz! Der kann in diesem Fall nur schaden. Viel wichtiger ist tatsächlich die vielbeschworene Ausdauer: machen Sie die Gesundheitsvorsorge zu Ihrem täglichen Begleiter und versuchen Sie diese Kette nicht abreißen zu lassen. Das heißt konsequent jeden Tag etwas für die Gesundheit tun, komme was wolle.

Stress

Wir sind natürlich nicht (nur) zum Spaß bei der Arbeit. Wir unterliegen einem ständigen Zeit- und Leistungsdruck. Das bedeutet, dass wir durchgehend unter Stress stehen, der extrinsisch motiviert ist.

Unser Körper, den die Evolution über Jahrmillionen hervorgebracht hat, versetzt sich bei Stress in eine erhöhte Alarm-, Kampf- oder Fluchtbereitschaft. Es werden entsprechende Hormone freigesetzt, um schnell reagieren zu können. Allerdings können wir im Büro nicht einfach die Flucht ergreifen oder gar angreifen, was den Körper wieder in den Normalmodus zurückfahren würde. So bleibt man in einer ständigen Alarmbereitschaft, in einem Ausnahmezustand, was auf die Dauer auf jeden Fall den Körper schädigt.

Um diesen Druck zu bewältigen, sollte man als erstes die Ursachen hinterfragen und eventuell feststellen, ob der Stress wirklich berechtigt ist. Ist das der Fall, dann kann man versuchen den Stress intrinsisch umzulenken, also aus sich heraus motivieren und dadurch positiv sehen, z.B. könnte man die heranstürmende Flut an Aufgaben als eine interessante Herausforderung, einen Wettkampf ansehen oder sich vor Augen führen, welche positive Implikationen das Ziel am Ende der Plackerei birgt. Dadurch sinkt die Angst zu versagen und man gelangt zu einem Gefühl der Kontrolle, die die negativen Auswirkungen des Stresses mindern. Zusätzlich sollte man dem Körper tatsächlich ab und an geben, wonach er verlangt, nämlich Bewegung. Denn nur dadurch löst sich die Anspannung, in die der Körper sich versetzt hat. Es ist ein Trugschluss anzunehmen, dass man Stress nur durch genügend Ruhe komplett ausgleichen kann. Ganz abgesehen davon, dass wir uns sowieso meistens nicht genug Ruhe gönnen.

Übermüdung

Unser Gehirn ist ein extrem leistungsfähiges Organ. Leider hat auch es seine Grenzen: die Konzentration, die Aufnahmefähigkeit und vor allem die Kreativität lässt im Laufe des Tages nach. Das Denkorgan verlangt nach regelmäßigen Pausen von fünf bis zehn Minuten ungefähr alle neunzig Minuten. Leider gönnen wir dem Gehirn oft auch in den Pausen keine Ruhe, denn wir surfen im Internet, lesen Beiträge in den Sozialen Medien oder sehen fern. Dabei kann sich der Geist nicht erholen. Am Besten ist ein Spaziergang an der frischen Luft, Meditation oder ein Powernap, also ein kurzes Schläfchen von zehn bis maximal zwanzig Minuten. Ich staune immer wieder wie leistungsfähig ich nach einer solchen qualitativ hochwertigen Pause bin.

Augen

Die meisten Menschen arbeiten im Büro vor einem Bildschirm, auf den sie sehr lange und konzentriert schauen. Auch wenn man den vorgeschriebenen Abstand einhält, ist es eine anstrengende und unnatürliche Tätigkeit für die Augen, die eigentlich dafür geschaffen sind, ständig in Bewegung zu sein. Sie ermüden und trocknen aus.

Auch hier sind die Pausen essentiell, insbesondere solche, bei denen man die Augen für ein paar Minuten schließen kann.

Schlaf

Die beste Leistungsfähigkeit und Ausgewogenheit entwickelt der Mensch, wenn er zwischen sieben und neun Stunden pro Nacht schläft. Das schaffen heutzutage nur die wenigsten. Dabei nutzt das Gehirn gerade diese Zeit, um die Eindrücke des Tages zu ordnen und dadurch Kreativität und Inspiration zu entwickeln. Es ist essentiell, dass wir genügend schlafen. Schlafmangel ist eine Foltermethode und führt nicht nur zu Konzentrationsschwäche, sondern auch zu übermäßigem Appetit auf Fettiges und Süßes.

Ernährung

Alles, was wir sind und woraus wir bestehen, haben wir aus unserer Umwelt über unser Essen und Trinken in uns aufgenommen. Unser Körper ist so genial gebaut, dass er praktisch alles Organische zur Energiegewinnung oder zum Zellenaufbau verwenden kann. Da es in der Evolution sehr viel Nahrungsmangel gab, entwickelte der Körper die fantastische Fähigkeit, Energie in der sehr effizienten Form von Körperfett für die „schlechten Tage“ zu speichern. Aber er ist auch ein Gewohnheitstier, er gewöhnt sich schnell an die Menge an Nahrung, die wir ihm täglich zuführen, egal, ob er sie braucht oder nicht, und passt sich entsprechend an, indem er z. B. den Magen nach und nach immer mehr dehnt. Und so verspüren wir noch Hunger, obwohl unser Tagesbedarf bei weitem gedeckt ist.

Nun ist der Tagesbedarf bei einem Bildschirmarbeitsplatz aufgrund der praktisch nicht vorhandenen Bewegung gering. Alles, was darüber hinaus geht, wird gespeichert.

Hinzu kommt, dass unsere Nahrung extrem hochwertig ist. Sie enthält viel Energie in Bezug auf ihr Volumen und Stoffe, die normalerweise in der Natur gar nicht oder nur ganz selten vorkommen: Zucker, Salz und Fett. Hier reagiert wieder der Vorratshunger und man verspürt das Bedürfnis möglichst viel von diesen guten Sachen in sich aufzunehmen.

Leider haben gerade diese Nahrungsmittel praktisch gar keine Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe, die für den Körper genauso essentiell sind, aber in der Natur sehr oft vorkommen, also als selbstverständlich angesehen werden.
Der Konsum solcher Lebensmittel führt langfristig zur Schädigung des Körpers durch die Verfettung der Arterien und durch das zunehmende Gewicht zu einer Belastung für das Herz, die Sehnen und Gelenke.

Dieses Wissen kann man nun nutzen, um mit dem gesunden Menschenverstand die eigene Ernährung zu kontrollieren, da man sich auf die körpereigenen Instinkte auf keinen Fall verlassen kann. Tatsächlich ist es ein Kampf gegen sich selbst, da der Körper auf sein Recht bestehen will und seine Vorräte immer aufgefüllt haben möchte.

Flüssigkeitsmangel

Das Gehirn besteht zu achtzig Prozent aus Flüssigkeit und braucht diese dringend, um vernünftig zu funktionieren. Bereits ein Prozent weniger Wasser führt zu zwanzig Prozent Leistungsminderung. Das Gemeine ist, dass man gar nicht merkt, dass man dehydriert, also ist es empfehlenswert immer und überall eine Flasche Wasser mitzuführen und regelmäßig auch ohne Durst zu trinken.
An dieser Stelle wird oft der Einwand vorgebracht, dass man auch zu viel (mehr als 5 Liter pro Tag!) trinken kann. Diesen kann man aber getrost unter den Tisch fallen lassen, da die meisten eher zu wenig trinken (unter 1,5 Liter pro Tag). Hinzu kommt, dass bei warmen Temperaturen und beim Sport der Flüssigkeitsbedarf sogar noch steigt.

Bewegungsmangel

Wir gehen davon aus, dass Ihr Arbeitsplatz und der Sitz ergonomisch eingerichtet ist. Trotzdem ist unser Körper einfach nicht dafür geschaffen so lange bewegungslos auf einem Fleck zu verharren. „Sitzen ist das neue Rauchen“ behauptet der Titel des Buches von Kelly Starrett (et al.), eine eigentlich längst bekannte aber gern ignorierte Tatsache. Dabei ist unsere Hülle so optimiert, dass sie gar nicht ständig Bewegung braucht, um einen Ausgleich zu schaffen.

Eine halbe Stunde pro Tag eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftübungen mit anschließendem Dehnen reichen vollkommen aus. Wichtig ist, dass man es regelmäßig, also am besten jeden Tag macht. Und niemand kann mir erzählen, dass er oder sie keine halbe Stunde am Tag für seine Gesundheit übrig hat, dafür aber für seine Serie, TV oder die sozialen Medien…

Allerdings sollte man wie oben erwähnt den Ehrgeiz ganz tief vergraben. Ja, wir leben in einer Leistungsgesellschaft und werden von Kindesbeinen an auf Leistung getrimmt, so dass es schwerfällt diesen anerzogenen „Reflex“ auszuschalten. Zudem haben wir kein Gefühl für die aktuelle Fitness unseres Körpers, erinnern uns aber noch sehr gut daran, wie wir in der Schule Höchstleistungen im Sport vollbracht haben. Leider ist in den Jahrzehnten danach oft nicht viel passiert, so dass man zunächst wirklich klein anfangen und sehr langsam steigern sollte. Bitte vergleichen Sie Ihre Fortschritte in der ersten Zeit nicht mit denen anderer Menschen, das bringt nur Nachteile: für die Motivation, die Psyche und für den Körper.

Fazit

Die schlechte Nachricht ist, dass man in die Gesundheit investieren muss, denn unser Leib ist im Gegensatz zu unserem Gehirn nicht für die Büroarbeit geschaffen. Die gute Nachricht ist aber, dass es gar nicht so viel bedarf, um unseren Körper fit zu erhalten – man benötigt lediglich ein wenig Zeit und vor allem Disziplin.

Probieren Sie es einfach aus! Ja, aller Anfang ist schwer und kostet Überwindung. Es finden sich genügend Ausreden es nicht zu tun. Allerdings, für ein beschwerdefreies, energiegeladenes und glückliches Leben, in dem man mit sich selbst und seinem Körper zufrieden ist, könnte man vielleicht doch einen Versuch wagen.

Dieser Beitrag wurde verfasst von

Eduard Heinle, Software Engineer und Sicherheitsbeauftragter bei der Setlog GmbH.