Welche Maßnahmen Unternehmen künftig in puncto SCM ergreifen wollen, hat Ralf Düster, Geschäftsführer des SCM-Softwarespezialisten Setlog, aus Gesprächen mit Kunden zusammengefasst.


Containerschiff auf hoher See: Änderungen von Transportrouten gehören für Unternehmen heute zum Alltagsgeschäft. Fasste Inhalte aus Kundengesprächen zusammen: Setlog-Geschäftsführer Ralf Düster. Fotos: Ian Tailer / unsplash; Setlog
Ob politische Veränderungen, Umweltkatastrophen oder Handelskonflikte: Das „new normal“ zwingt Experten im Supply Chain Management flexibel und agil auf viele Ereignisse zu reagieren. Die größte Herausforderung ist dabei, dass sie die zum Teil nicht vorhersehbaren Störungen alle gleichzeitig bearbeiten müssen. Aus Gesprächen mit Kunden von Setlog lassen sich einige zentrale Aussagen herauskristallisieren. Mehr als 150 Marken nutzen weltweit die SCM-Software OSCA zur Steuerung ihrer Lieferketten.
Große Wettbewerbsvorteile durch Künstliche Intelligenz (KI)
Maschinelles Lernen und KI spielen eine immer stärker werdende Rolle. Unternehmen werden große Datenmengen und fortschrittliche Technologien nutzen, um betriebliche Entscheidungen in Echtzeit zu treffen. Es findet ein Wandel vom reaktiven zum proaktiven Management statt. In Unternehmen eingesetzte Tools für Business Intelligence (BI) sammeln immer mehr Daten, welche die Entscheidungsfindung vereinfachen und optimieren. Diese Entwicklung wird Rollen für integrierende Supply-Chain-Architekten in Industrie, Handel und Logistikdienstleistung schaffen. Das heißt: Sie ersetzen die traditionellen, isolierten Arbeiten und Funktionen. Daten werden abteilungsübergreifend und unternehmensübergreifend genutzt werden. Die Folge daraus: Die sogenannten Early Adopters werden sich signifikante Wettbewerbsvorteile verschaffen, da KI die Widerstandsfähigkeit erhöht und den Mehrwert der gesamten Supply Chain freisetzt.
Wachsende Wichtigkeit von Mikro-Fulfillment-Lösungen
Händler werden ihre Filialen zunehmend als integralen Bestandteil ihrer Fulfillment-Netzwerke betrachten. Dieser Wandel wird zu einer Verlagerung hin zu technologiegestützten Abläufen führen, die aber von Menschen gesteuert werden. Logistikzentren werden weiterhin von großer Bedeutung sein, aber es werden zunehmend sogenannte Buy-Online-Pickup-In-Store-Modelle (BOPIS) und Mikro-Fulfillment-Lösungen zum Einsatz kommen, die den Bestand dort nutzen, wo er sich befindet. In den vergangenen Jahren haben diese Konzepte für viel Aufsehen gesorgt. Jetzt werden wir die Einführung effektiver Lösungen zur Umsetzung dieser Strategien sehen. Im Bereich Omnichannel gehen Handel und Industrieunternehmen immer mehr zu professionellen Push und Pull-Lösungen über, entweder integriert in einer intralogistischen Lösung oder auch in getrennten Logistikzentren.
Zunehmende Bedeutung der Notfallplanung
Die Lenker von Supply Chains werden sich vom ständigen Krisenmanagement abwenden und sich auf die wichtigen Geschäftsgrundlagen wie etwa Effizienz, Automatisierung und Investitionsrendite konzentrieren. Und sie investieren strategisch in Automatisierungsprojekte. Die Notfallplanung gehört für sie zum Alltag. IT-Experten setzen gezielt KI-gesteuerte Technologien zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit, zur Identifizierung potenzieller Störungen und zur Implementierung von Echtzeitlösungen ein.
Steigende Bedeutung von flexibler Automatisierung
Unternehmen benötigen zunehmend Technologien, unter anderem KI-Lösungen, die sich an veränderte Bedingungen anpassen. Viele Nutzer wollen nicht mehr über Spezifikationen nachdenken. Sie werden künftig Lösungen einsetzen, die ermöglichen, dass sich die Automatisierung im Laufe der Zeit einfach konfiguriert lässt. Damit können sie die Tools zügig an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen.
Gezieltes Insourcing von kritischen Abläufen und Produkten
Der Fourth Party Logistics (4PL)-Ansatz zur Orchestrierung logistischer Leistungen findet immer mehr Verbreitung. Die Auslagerung ausgewählter logistischer Tätigkeiten ermöglicht es Unternehmen, ihre Ressourcen gezielter auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren. Gleichzeitig können dadurch in der Firma auch kritische und zeitintensive Aufgaben übernommen werden, die bisher oft vernachlässigt wurden bzw. aufgrund disruptiver Vorgänge jetzt hochpriorisiert werden müssen. Viele Unternehmenslenker haben die strategische Bedeutung von kritischen Abläufen und Daten erkannt – und gehen dazu über, bestimmte Prozesse wieder in den Betrieb zu holen. Damit wollen sie mehr Kontrolle, Sicherheit und Flexibilität bekommen. Bestes Beispiel: Apple hat das Chipdesign nach und nach ins Unternehmen geholt und seine M1- und M2-Prozessoren entwickelt, um die Abhängigkeit von externen Zulieferern zu verringern und die Leistung zu steigern. Diese Verlagerung ermöglicht es dem Management, sensible Daten besser zu schützen, die Effizienz zu steigern und den technologischen Fortschritt mit ihren eigenen Zielen in Einklang zu bringen.
Bessere Versorgung mit Informationen
Die Manager der Lieferketten wollen nicht mehr lediglich Maßnahmen vorgeschrieben bekommen – in Form von präskriptiven Analysen. Sie verlangen stattdessen transparente, gut umsetzbare Informationspakete. Unternehmen, die sich auf datengestützte Entscheidungsfindungsprozesse stützen, sind widerstandsfähiger und können sich leichter anpassen. Da sich KI und Automatisierung weiterentwickeln, konzentrieren sich die Manager darauf, fundierte Entscheidungen zu finden und setzen immer weniger auf Maßnahmen, die ihnen vorgeschrieben werden. Bei den Staus von Containerschiffen an einigen Nordsee-Häfen war vor Kurzem beispielsweise zu beobachten, dass diejenigen Unternehmen, die Transparenz in ihren Lieferketten haben und Daten in Echtzeit analysieren können, mit agilen Strategien auf die Situationen reagierten und gegenüber dem Wettbewerb Vorteile erzielten.
Autor Ralf Düster
Ralf Düster ist Geschäftsführer der Setlog GmbH und dort für Supply Chain Management & Logistics verantwortlich. Er fungiert zudem als Chairman of the Board der hundertprozentigen Tochtergesellschaft Setlog Corp. mit Sitz in New York. Düster ist Vorstandsmitglied des Log-IT-Clubs e.V., im Lenkungsausschuss des Kompetenznetz Logistik des Wirtschaftsministeriums NRW sowie im Beirat des NRW Global Business LLC., USA.
Über Setlog
Die Setlog GmbH ist ein Anbieter von Supply Chain Management (SCM)-Lösungen. Zentrales Produkt ist die cloudbasierte Software OSCA mit den Lösungen Procurement, SRM, Global Logistics, CSR und Quality Control. OSCA, das für „Online Supply Chain Accelerator“ steht, ist bei mehr als 150 Marken in den Bereichen Bekleidung, Elektronik, Nahrungsmittel, Konsumgüter und Hardware im Einsatz. Mithilfe von OSCA binden Unternehmen sämtliche Supply Chain Partner, Lieferanten und Dienstleister an, um ihre Lieferkette optimal aufeinander abzustimmen und effizient zu managen. Die Setlog GmbH wurde 2001 gegründet und zählt heute mit über 40.000 Nutzern in 92 Ländern zu den führenden Anbietern von SCM-Software. Das Softwarehaus beschäftigt 60 Mitarbeiter an den Standorten Bochum (Sitz), Köln und New York. www.setlog.com